Der junge Mann von "nebenan"

clapperboard
Der Sommer neigt sich langsam dem Ende zu und war eigentlich gar kein richtiger Sommer, sodass ich ihn gar nicht gehen lassen möchte.
Scheiß Petrus..
Als ich klein war, gab es Winter mit viel viel Schnee und Sommer in brütender Hitze.
Jetzt sind die Jahre wie ein Einheits-Wisch-Wasch und irgendwo nicht gerade spannend, sondern fad und zur Trägheit verleitend.
An einem der letzten diesjährigen Sommer-Morgende, schlenderte ich durch mein Viertel zur nächsten öffentlichen Nahverkehrs-Haltestelle.
Die Nacht zuvor hatte ich mir endlich einmal Musik in MP3-Format handlich zum Mitnehmen auf mein Gerät gespielt (komischerweise hat es geklappt...ich bin ja nicht gerade Technik-affin..) und genoss den sommerlichen Duft der Straßen, bei schönen Klängen.
Mit quietschenden Reifen bremst vor mir ein Bus. Ich suche mir ganz hinten einen Platz, lehne am Fenster und lausche noch im Halbschlaf der Musik.
Irgendwann schweift mein Blick zu ihm ab.
Er steht ungefähr fünf Meter seitlich vor mir und hält sich an einer Plastikschlinge fest, die von der Decke herab hängt.
Vor ihm ein Herr mit Anzug.
Er guckt mich an und dreht rasch seinen Kopf zu seinem Gegenüber und beginnt mit diesem ein Gespräch.
Immer wieder dreht er seinen Kopf und guckt ruhig und ohne Hast herüber, ich kann nicht genau beschreiben wie, es sah so aus, als suche er etwas, obwohl er mich dabei ansah und nicht den Platz neben mir , oder die Frau vor mir.
Sein Blick verweilt in meinem Gesicht, sieht trotzdem suchend aus und dann dreht er wieder irgendwann ab zu seinem Gegenüber.
Er sah immer prüfend, so als ob er sicher gehen wolle, dass ich noch da sitze.
Vielleicht denkt er ja, dass er mich kennt?
Das passiert häufiger, weil ich bei meinem Job viele Menschen zu Gesicht bekomme.
Wie dem auch sei. Er ist süß, hat eine große Nase, fast wie Adrian Brody...und einen schönen Mund und seine Haare fallen vorne schräg von links oben nach rechts unten (diese Art "Pony", wie sie jetzt modern sind).
Ich sitze also da und beobachte und wenn er guckt, weiche ich nicht ab, nur nach längerer Zeit.
Da er mich nicht kennt, ist es schließlich egal, was er davon hält, denn er wird mich nicht ansprechen und wenn, würde ich verstört ablehnen und somit würden wir uns nicht kennen lernen und er kann denken was er will.
Ich glaube nicht, das ich ihn angestarrt habe, oder dass er wegen meinem Beobachten immer wieder aufgeschaut hat.
Es war anders und eine komische Situation.
Warum passiert mir so etwas eigentlich immer im Bus, in der Métro, in der Straßenbahn, im Supermarkt????
Wäre ich abends tanzen, könnte er mich ansprechen, oder ich ihn. Es wäre angebracht und ich wäre sicherlich nicht schockiert oder erschrocken darüber, angesprochen zu werden.
In einem Bus geht so etwas nur beschränkt.
Wenn sich jemand fünf Meter durch die Passanten-Masse durchzwängen würde, um zu fragen, was ich mache, wie ich heiße und solche Dinge eben, ich würde ihn entsetzt ansehen und auf Grund der ungewohnten und ungewöhnlichen Situation wahrscheinlich abblocken und ihn für einen durchgeknallten Kauz halten.
Würde ich ihn ansprechen, würde er ebenso über mich denken.
Ich habe also weder die Möglichkeit seine Stimme zu hören, noch zu sehen, ob hinter diesem charmanten Lächeln, ein schöner Charakter und ein intelligenter Kopf steckt.
So frage ich mich nun seit Tagen, ob ich diesen Menschen irgendwann mal wieder sehe.
Zu dumm, dass es nicht der Norm entspricht im Bus Menschen kennen zu lernen.
Auch wüsste ich ja zu gerne, was er sich wohl gedacht hat.
Vielleicht: warum starrt mich das komische Weib da drüben die ganze Zeit an???

Und mir passiert es dann auch, dass mir Männer auf der Straße begegnen und mir in die Augen sehen und das mit einer wirklichen Konstanz ohne einen einzigen Wimpernschlag und mich dann anlächeln.
Was soll ich da tun, wenn mir da gerade einer über den Weg läuft, der mir gefällt?
Ihm nachlaufen und ansprechen?
Dabei käme ich mir ziemlich dämlich vor.
Man müsste wirklich Gedanken lesen können...
Und obwohl ich nicht die einzige bin, die so denkt, sind ich und sicher einige andere verschreckt, wenn sie angesprochen werden würden.
Ich bin schon einmal Im Supermarkt, an der Supermarktkasse, auch im Bus und in der Métro angesprochen worden, aber das waren alles Situationen, die, nun ja nicht üblich waren.
Beispielsweise wäre es eine prima Gelegenheit gewesen, wenn er im Supermarkt gestanden hätte und mich gefragt hätte, was man so alles in welchen Kuchen tun könnte, oder wenn ihm im Bus ein Stapel Bücher heruntergefallen wäre und ich gerade neben ihm gestanden hätte.
Dummerweise stand er nun zu weit weg und hatte auch keine Bücher im Arm.
Gleich kommt der Pizza-Service, vielleicht arbeitet er ja dort neben seinem Studium?!
Oder vielleicht ist er auf dieser Party, auf der ich nächste Woche auch sein werde?
Würde ich ihn überhaupt noch wieder erkennen?
Ich habe nur noch ein verschwommenes Bild seines Gesichtes vor mir...
Am Montag werde ich extra früh aufstehen und denselben Bus nehmen, wie an jenem Tag und prüfen, wenn er denn auch dort ist, ob ich ihn wohl richtig in Erinnerung behalten habe.
Es ist beängstigend, wie schnell Gesichter verloren gehen.
Wenn man sich einmal fragt, ob die Großmutter Muttermale im Gesicht hatte und wie ihre Zähne, Augen, Augenbraue etc. aussahen, oder gar die von Freunden und ehemaligen Freunden, so merkt man doch, wie wenig aufmerksam man sie betrachtet hat.
Ich hatte einmal einen Freund, den ich irgendwann zeichnen konnte, ich kannte jede einzelne Pore, jedes schiefe Wimpernhärchen und jeden winzigen Fleck im Auge.
Manchmal habe ich ein Bild einer Person im Kopf und kann es nicht zeichnen. Denn sobald ich auf einzelne Dinge achte bzw. versuche mich sie zu erinnern, sind sie verschwunden.
Vielleicht habe ich nur grobe Tiefen und Schatten seines Gesichtes in Erinnerung und stelle bei der zweiten Begegnung fest, dass ich über die Hälfte an Eigenschaften seines Gesichtes vergessen habe. Das er plötzlich ganz anders, wenn auch attraktiv aussieht.
Vielleicht erkenne ich ihn auch gar nicht wieder und denke nur, da sitzt aber ein hübscher Mann im Abteil.
Und wahrscheinlich hat er sowieso eine versoffene Stimme, ist Kettenraucher und schwul zugleich.
Also was mache ich mir Gedanken...
tschapperl - 24. Sep, 00:09

Eine Annäherung

Man sagt, dass man das gewisse mögliche Interesse daran erkennen kann, wie mit den Augenbrauen umgegangen wird: Brauen oben - du gefällst mir. Keine Änderung - ich sehe dich, du erweckts aber nicht meinen Paarungstrieb. Gilt beim direkten Blickkontakt, vielleicht auch beim Chatten (?).
Nachdem ich das einmal gelesen hatte und anschließend gelegentlich mein eigenes Verhalten reflektierte denke ich das könnte stimmen.
Momentan sind sie bei mir unten - aber nur weil ich müde bin.

Kaweechelchen - 24. Sep, 00:33

Mh..Ich ziehe meine Augenbraue in den meißten Fällen hoch, aber dann aus Verlegenheit, heute auch bei einem schrecklichen Mann mit langem Haar...von daher..
schneck06 - 24. Sep, 01:23

ach ja...

liebes kaffe,
ich finds recht schön, was sie so schreiben. und wie sie´s so schreiben. und wir alle kokettieren ja mit unserer naivität, die uns die kindheit erhält? weiter so, und ein bierchen würde ich gern mal mit ihnen trinken. schon. bis dahin, ganz herzelich, ihr zeichnender schnecknullsechs.

Kaweechelchen - 24. Sep, 11:36

Eigentlich bin ich kein Kaffe....:(
Ich bin eine Kaweechelchen..
Nilla - 24. Sep, 02:18

Meine Großeltern haben sich vor etwa vierzig jahren in der U-bahn kennengelernt. vor zwei jahren haben sie geheiratet. jedes mal wenn sie davon erzählen macht mir das irgendwie hoffung.

Kaweechelchen - 24. Sep, 11:35

Wow...beneidenswert...Wer hat denn wen angesprochen?Und vor allem wie?

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