L´autre sexe

z11270406
Ich mag Männer, aber zugleich bin ich sehr misstrauisch.
Ich bin klein und zierlich gebaut und mein letzter Freund bewies mir, dass man mich unter den Arm klemmen kann und ohne Mühe umhertragen könnte.
Ich finde das beängstigend.
Ich wäre hilflos, wenn man mich vergewaltigen wollte. Ok, ich könnte beißen und ich renne schnell, aber was die Kraft angeht, die ich aufbringen könnte, ich hätte keine Chance.
Man kann mir Angst und Panik direkt ansehen, es in meinen Augen lesen.
Kleidung ist da oft eine gute Fassade die ich oft einsetze.
Hohe Schuhe, Mäntel, Kostüme, ein bestimmter Gang.
In meinem Revier kann mich niemand wirklich schwächen.
Aber ich war schlecht vorbereitet. Ich stieg aus dem Zug aus und betrat die Metrostation.
Meine Sonnenbrille hatte ich vergessen und ich spürte, dass jeder meine ängstlichen Blicke spüren musste.Ich hatte Angst vor Überfällen und umklammerte meine Tasche.
Da ich mich beobachtet fühlte sprach ich irgendwann zwei junge Franzosen an, die mir gegenüber saßen. Ich begann eine Unterhaltung um mich abzulenken.
Sie waren nett, aber es half nichts.
Schräg gegenüber ein Herr Mitte 40 mit einer Flasche Desperados in der Hand. Er fragt die beiden, ob sie mich kennen, sie verneinen. Ich verdrehe die Augen und denke mir, nicht schon wieder.
Er schüttelt den Kopf "Qu´est-ce quélle est belle!"
Ich hasse ihn. Die beiden nicken verlegen mit den Köpfen und blicken mich verlegen an.
Er setzt sich derweil neben mich und fragt, wie ich heiße.
Ich fauche ihn an, dass er mich in Ruhe lassen soll.
Dann muss ich aussteigen. Die beiden jungen Männer begleiten mich und Herr Desperados rennt hinterher. Er wirkt gefährlich, nicht betrunken.
Die beiden drehen sich um und sagen, dass er mich doch in Ruhe lassen soll.
Dann zeigen sie mir den Ausgang, den ich nehmen muss.
Dann folgen 7 Minuten Verfolgungsjagd.
Schließlich hänge ich ihn am Cimetière Père Lachaise ab.
Immer wieder dasselbe.
Ich finde es dreist, abartig, ekelhaft.
Ich fühle mich belästigt und ich hasse es!
Ständig passiert mir sowas und ich bin es satt.
Die Franzosen kennen die schleinigsten, bescheuertsten Sprüche.
Einer brüllt mir hinterher "Quést-ce que vous étez magnifique!"
Ich hätte ihm am Liebsten meine Quiche ins Gesicht geworfen.
Ich knirsche dann mit den Zähnen und knurre vor mich hin. Auf französisch wage ich es nicht zu fluchen. Ab und an schreie ich ein paar hartnäckige Varianten an. Auf französisch klingt sowas eigentlich viel viel besser.
Wenn ich nur verneine bringt das wenig. Sie reden weiter.
Wenn ich auf schwedisch oder italienisch sage, dass ich nichts verstehe sehen sie mich verblüfft an und gehen, oder fragen, ob ich englisch spreche und reden einfach weiter.
Wenn ich zuckersüß lächle und dann ganz langsam sage, dass man bitte respektieren soll, das ich keinerlei Ambitionen habe mich auch nur eine Sekunde mit ihm zu unterhalten, ist das auch nicht immer effektiv.
Ich verwirre dann, indem ich bspw einen Satz beginne, abrupt abbreche, wenn er mir ins Wort fällt und sobald er ruhig ist mitten im Satz fortsetze.
Auch das ist wenig hilfreich.
Weglaufen hilft oft, aber nassgeschwitzt in praller Hitze mitten in Paris zu stehen ist ätzend.
Ich habe gerade das "Les 2 moulins" aus "Le fabuleux destin d´ Amélie Poulain" verlassen und schwebe auf Wolke 7.
Beschwingt hüpfe ich die Straße herunter. Mich sieht ja niemand.
Plötzlich ein kleines Lädchen auf der rechten Seite.Mou-lin-rou-ge.Mhh...
Nein...das ist sicher nicht das Moulin Rouge.Das sieht so dunkel aus, wie ein geschlossener laden, denke ich mir.
Ich gehe weiter.
Ich lande in einer dubiosen Gegend ohne es zu merken. Es ist fast so, als würde mich dieses Gefühl des Glückes high machen.
Ich merke nicht einmal, dass ich in einer Straße voller Sexshops lande.
Plötzlich steht er da. Er Mann indischer Herkunft wie ich vermute.
Seine erste Frage, ob ich einen Freund habe.
Ich sehe ihn entsetzt und angewiedert zugleich an und gehe weiter.
Er folgt mir und redet auf mich ein, ich gehe immer schneller,. sehe schon das Métro-Schild.
Er bittet um 5 Minuten, ich gehe schneller.
Er hält mich an der Schulter fest, ich schreie ihn auf deutsch an.
Er grinst und ich bekomme schreckliche Panik.
Ich ekel mich so sehr vor ihm, dass ich ihn nicht anfassen kann, um ihn wegzuschubsen.
Ich ekel mich vor meiner Schulter, mein Nacken verkrampft sich, ich bekomme Gänsehaut und mir ist nach weinen zu mute.
Ich brülle erneut und gehe zum Métroschalter. Er grinst und löst sein Ticket ein, signalisiert mir, dass er mir folgen wird.
Niemand sagt etwas.Immer wieder drehe ich mich um und fauche ihn an. Er grinst nur. Ich gehe zum Steig, er folgt.
Plötzlich greift er nach vorne und versucht mich zu begrabschen. Er erwischt mit der einen Hand meinen Rücken und mit der anderen meine Schulter von vorne.
Wieder brülle ich ihn an und stelle mich zwischen zwei andere Wartende.
Die Métro kommt, ich steige ein. Selten hatte ich solche Panik. Er fährt ein Stück mit.
ich befürchte, dass er mich bis zum Hotel verfolgen wird, dass in einer dunklen Straße liegt.
Ich zittere und bin panisch.Ich weiß nicht wo er sitzt, nur dass er irgendwo ist, dass er dieselbe Métro genommen hat.
Ich trage ein Schwarzes Shirt ohne Ausschnitt, keine aufreizenden Klamotten.
Aber ich sehe harmlos aus darin, wie jemand, der sich nicht wehren kann.
Ich fühle mich hilflos und möchte heulen. Meine Schulter fühlt sich so ekelhaft an, ich fühle mich ekelhaft und ich will nur noch zurück.
Ich weiß nicht mehr wie ich zum Hotel kam, aber er war irgendwann weg.
Ständig diese blöden Anmachen und Männer, die nichts respektieren und mich belästigen.
Ich glaube man sieht mir an, wie unsicher ich bin.
Ich bin jemand der sich aussuchen lässt statt auszusuchen.
Meinen letzten Freund habe ich nicht ausgesucht, sondern er mich.
Ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll, aber ich glaube solche Menschen haben ein Gefühl für Menschen wie mich, ein gewisses Gespür.
Die suchen gezielt solche Frauen.
Und ich hasse dieses Gefühl ausgeliefert zu sein.
Ich habe Aikido probiert und Ju-jutzu oder wie das heißt.
Ich gebe eine jämmerliche Figur dort ab.
Aber so wie ich bin, haben Männer, die diese Schwäche nutzen wollen riesen Spielraum.
Deshalb bin ich so misstrauisch und deshalb reagiere ich furchtbar empfindlich auf Nettigkeiten.
Ich bin das schwache Geschlecht und will es nicht sein.Ich bin vielleicht geistig überlegen, aber körperlich werde ich es nie sein.
Ich hasse es angefasst zu werden, wenn ich die Person nicht lange kenne, ich hasse es, wenn jemand ständig meine Grenzen überschreitet. Mein Freund hat das ständig getan und ich bekam Alpträume von ihm.
Mit Grenzen überschreiten, meine ich einfache Dinge.
Mich bei einem Streit am Arm packen, mich nicht in Ruhe lassen oder einfach nur zeigen, dass meine Meinung unwichtig ist.
Solche Narzisten wie er sind natürlich nicht normal, aber ich glaube ich ziehe sowas an.
Und es passiert mir immer wieder, dass ich so misstrauisch bin, das ich Menschen, die nett sind und mich bewundern für das Gegenteil halte und sie dementsprechend behandel.
Nun ja, ich werde mich nicht mehr aussuchen lassen und ich werde versuchen, solche Menschen zu meiden und nicht mehr allzu misstrauisch zu sein.
Aber das dauert wohl noch ein wenig.
Paris ist jedenfalls ziemlich gefährlich für Frauen, wenn sie gerade keinen Beschützer an ihrer Seite haben....
benq - 10. Aug, 14:24

Beschützerinstinkt....

Kaweelchen in Paris.... ich wär der Rotweiler an deiner Seite...

Kaweechelchen - 10. Aug, 15:40

Wie süß! Ja ich pack dich nächstes Mal mit ins Gepäck!
unkreativ.net - 10. Aug, 15:17

Abgesehen davon, dass ich aus persönlichen Gründen klein und zierlich sehr mag, finde ich Deine Geschichte schon heftig. Vor allem, weil sich natürlich wieder kein Schwein aufrafft, sich vor Dich zu stellen - und was das angeht lebe ich eine klassische Rollenverteilung.

Es ist nicht Deine Aufgabe, Dich verteidigen zu können. Es ist Aufgabe der Männer austickende Zeitgenossen da zu packen wo die kurzen Haare wachsen und einmal kräftig zu ziehen. Und wenn das nicht reicht, Dich nötigenfalls angemessen zu verteidigen.

Just my 2 Cents.

Kaweechelchen - 10. Aug, 15:41

Es ist nicht meine Aufgabe mich verteidigen zu können?
Ähm...irgendwie klingt das arg nach Frau am Herd, man erlegt Tier...
marbot - 10. Aug, 15:44

Ich denke, er meint es anders, als er geschrieben hat. Natürlich ist es Deine Aufgabe, dich zu verteidigen. Und wie man Deiner Geschichte entnimmt auch einfach notwendig. Man kann sich eben auf andere Menschen nicht immer verlassen. Aber er hat zweifelsfreí recht, wenn er sagt, dass es die Aufgabe der ja mehrfach anwesenden Männer gewesen wäre, Dir zu helfen. Und insofern wäre mehr Ritterlichkeit sehr wichtig.
unkreativ.net - 10. Aug, 23:56

Liebe Kaweechelchen,
irgendwie liest Du alles was ich sage aus einer recht... ich sag mal... festgelegten Sichtweise, oder? Natürlich meine ich nicht, Frau an den Herd. Und auch nicht, ich würde das Tier erlegen.

Was ich meine ist, dass das von Dir beschriebene nicht stattfinden darf. Zum einen dürfen sich Männer Dir gegenüber nicht verhalten, wie sie es getan haben. Zum anderen dürfen unbeteiligte aber auch nicht das Fehlverhalten ihrer Artgenossen einfach "übersehen".

Es ist nicht Deine Aufgabe Dich zu verteidigen. Was wäre das für eine Welt, wenn wir uns immer gegen alles und jeden verteidigen müßten?

Was ich möchte ist, dass Du Deinen Weg gehen kannst. Was ich von den übrigen Sackträgern erwarte ist, dass sie genau das zulassen oder - falls mal einer "den Fokus verliert", Dich unterstützen.

Du vermittelst in Deinem Beitrag ein Klima der Angst, dass niemand empfinden sollte. Und schon gar nicht jemand der - und da passe ich dann vielleicht doch ins Rollenschema - durchaus Merkmale von Menschen aufweist, auf die ich ein besonderes Auge habe. Eben weil ich weiß, dass es immer wieder Deppen, Idioten und Arschnasen gibt die ohne einen Tritt auf die Finger nicht verstehen, dass die Zeit des Jagens vorbei ist, eine Frau nicht erlegt wird, keine Trophäe ist.

Was Frauen sind... nun, das ist ein anderes Thema. Gelegentlich fallen in meinem Blog ja schonmal Aussagen wie

"Ehrlich, ich würde nie auf Frauen verzichten wollen. Sie bringen eine kuschlige Wärme ins Leben, die ich einfach für notwendig halte und sie haben Fähigkeiten, für die wir Männer irgendwie evolutionstechnisch nicht geschaffen zu sein scheinen.

Nur... verstehen werde ich sie wohl nie."
benq - 10. Aug, 15:28

Diese unterbelichteten Spacken hast du überall

besonders als ich 14 Jahre alt war, ist mir das auch sehr oft passiert und ich finde das nicht ungefährlich, weil gerade diese Sorte von Menschen dir Angst einjagen, sich stark fühlen und zu mehr fähig sein könnten...
Wenn du da nicht gezielt deine Klappe aufreist.. oder "ich hab keine Angst" makierst, kanns wirklich gefährlich werden....
Für jemanden dem das noch nicht passiert ist, ist es wahrscheinlich nicht so einfach vorstellbar.... aber ich kann das ganz gut nachvollziehen... man fängt wirklich an, sich unaufällig zu kleiden und so unattraktiv wie möglich zu verhalten..

Fräulein Wunder - 10. Aug, 22:59

eine gute Bekannte behalf sich damit, dass sie sich einen sehr männlichen Gang aneignete und auf die Straße spuckte, sobald sie merkte, dass sie verfolgt wird.

Kaweechelchen - 11. Aug, 12:34

Herrlich!

Ich stelle mir das aber komisch vor, wenn man grade schick angezogen mit hohen Schuhen plötzlich breitbeinig geht, als hätte man in die Hose gemacht und dabei spuckt *g*.
Aber darauf wäre ich nicht gekommen, ist sicher sehr sehr effektiv!

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